Zum Vortrag von Markus Wissen am 12. März 3028 in Flensburg, Aktivitetshuset
Wissen sprach am Montag über sein Buch und seine Thesen für eine "solidarische Lebensweise". Er liegt auf einer Linie etwa mit Stephan Lessenich, dem Nachfolger von Ulrich Beck.
Prof. Dr. Markus Wissen machte klar, warum er sich zunächst auf die Un-Logik westlicher Lebensweisen kapriziert: Zusammen mit Ulrich Brand möchte er genauer analysieren, ehe er und sein Mitautor Lösungen und Alternativen entwerfen. Warum etwa werden die hochmotorisierten Diesel-SUVs (Special-Purpose-Vehicles) gekauft, warum die vielen Geschäfts- und Ferienreisen? Warum, wo doch die Belastung für Gesundheit, Umwelt und Ressourcenverbrauch bekannt sein dürften? Der Hungerlohn für die in den armen Länder herstellte Bekleidungsartikel macht nur ein Prozent des Verkaufspreises aus. Discounter und Supermärkte bieten ein Angebot an, das unabhängig von Anbaubedingungen, Saison und Transportkosten verfügbar ist. Der Transport auf Straßen, über See oder gar per Luftfracht ist alles andere als nachhaltig.
Wissen machte das am Beispiel der „SUV“-Autos fest. Es mag Menschen geben, das wurde auch in der lebhaften Diskussion geäußerst, denen die CO2-Frage, die Belastung durch Stickoxyde und die Billiglöhne schlicht egal sind. Aber die meisten denken doch auch an ihre Kinder und Enkel?
Wissen machte an Beispielen deutlich, dass subtile SUV-Werbung damit spiele, dass robuste Ausstattung und hohe Sitzposionen Sicherheit gegen die Gefahren der Straße und der Umweltkrisen (Trockenheit, Überflutung, u.ä.) bieten: Mit dem SUV den insinuierten Fluten, Stürmen und Erwärmungen trotzen...
Warum läßt die westliche Welt immer größere globale Unternehmen zu, während Genossenschaften als Organisationsform zurückgehen? [Gerade wird diskutiert, daß EDEKA, ALDI und Lidl eine übergröße Nachfrageposition über den kleiner strukturierten Lebensmittelprodutzenten einnehmen. Selbst die Oligopole der Molkereien und der Fleischindustrie können über Importe ausgehebelt werden.]
Zum „grünen Kapitalismus” grenzen sich Brand und Wissen ab: Die Idee, man könne Trends umkehren, indem man allein die Effizienz, Motoren etc. verbessert, Umwelt-freundlicher macht, den Verkehrsfluß durch Digitalisierung optimiert, intelligente Kreisläufe entwirft etc. trägt grundsätzlich nicht, so sinnvoll die Ansätze im Einzelnen sein mögen.
Wissen will nicht moralisieren. Eine genaue Analyse scheint ihm der beste Weg zu einer Umkehr zu sein. Ein neu austariertes Verhältnis zwischen Wirtschaft und Demokratie ist eine Voraussetzungen für das angestrebte Ziel: die solidarische Lebensweise.
Im Zusammenhand mit der Digitalisierung – das Thema wurde nur kurz gestreift – stellen sich alle die genannten Fragen neu. Die zunehmende Kommunikation ist ja nicht umsonst: Der Betrieb riesiger Serverparks und großer Internetknotenpukte sowie Herstellung und Betrieb der Millionen Endgeräte erfordern enormen Verbrauch an Ressourcen. In Frankfurt befinden sich fast 20 große Rechenzentren, über die die Internetkommunikation mit über 50 Ländern und insbesondere mit den USA läuft. Ähnlich wie bei der geplanten Umstellung auf Elektrofahrzeuge rechnet man dafür ein weiteres Drittel an zusätzlicher Stromerzeugung.
Gerhard Schroeder, März 2018