EU blockiert UN-Abkommen

Die UN verhandelt über ein Abkommen für die menschenrechtliche Regulierung der Wirtschaft. Doch die EU blockiert das mit Verfahrensfragen.

Frei zugängliche Notausgänge und Schutzkleidung für Arbeiten mit gefährlichen Substanzen sind nur zwei Beispiele für die Umsetzung von Menschenrechten in Unternehmen. Und zwei Beispiele für Standards, die immer wieder missachtet werden, was aber in der globalisierten Wirtschaft nur schwer zu ahnden ist.

Deshalb verhandeln die Vereinten Nationen (UN) derzeit wieder über ein völkerrechtliches Abkommen, das Staaten dazu verpflichten soll, die Menschenrechte entlang internationaler Lieferketten gesetzlich zu schützen. Bei der Sitzung des UN-Menschenrechtsrates in Genf will die EU den Verhandlungsprozess am Freitag allerdings mit formalen Einwänden zumindest zum Stocken bringen.

Verhandelt wird in der „Offenen zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe des Menschenrechtsrates zur Verhandlung eines Abkommens über verbindliche Menschenrechtsnormen für Unternehmen“. Der Menschenrechtsrat der UN etablierte sie 2014 gegen die Stimmen Deutschlands und anderer nördlicher Industriestaaten. Seitdem gab es drei Verhandlungsrunden, am 15. Oktober soll die vierte beginnen.

Einige EU-Staaten stören sich am Vorsitz Ecuadors. Das Land hatte gemeinsam mit Südafrika den Prozess angestoßen. In seinem ersten, von Menschenrechtsverbänden gelobten Entwurf für ein Abkommen hatte Ecuador einen Internationalen Gerichtshof und harte Sanktionsmöglichkeiten vorgesehen. Seine Gegenspieler kritisierten das.

Formale Fehler
Bei der aktuellen Sitzung wollen die EU-VertreterInnen nun ein Statement vorlegen, in dem sie der Offenen Arbeitsgruppe vorwerfen, in den bisherigen Runden formale Fehler begangen zu haben. Unter anderem müssten die Vorsitzenden der Gremien laut den Verfahrensregeln für Hauptausschüsse der UN-Vollversammlung in New York in geheimer Abstimmung gewählt werden.

Der ecuadorianische Botschafter sei aber bisher stets per Akklamation zum Vorsitzenden bestimmt worden. Das gilt allerdings durchaus als zulässig, wenn die Mitgliedstaaten des jeweiligen Gremiums nicht auf einer geheimen Wahl bestehen.


Zudem behaupten die VertreterInnen der EU, das Verhandlungsmandat der Arbeitsgruppe müsse vom Menschenrechtsrat überprüft und erneuert werden. Dieser Vorwurf ist nicht neu, bereits 2017 waren Deutschland und andere EU-Staaten mit dem Versuch gescheitert, das Mandat auf diese Weise zu verändern und aufzuweichen.

Unverständliches Vorgehen der EU
Dass die deutsche Bundesregierung treibende Kraft bei dem Versuch ist, den Prozess über die EU ins Wanken zu bringen, bestätigten UN-Diplomaten anderer EU-Staaten der taz.

Die Treaty Alliance, eine Koalition internationaler Nichtregierungsorganisationen für ein UN-Abkommen mit möglichst verbindlichen Menschenrechtsnormen, findet das Vorgehen der EU unverständlich. Schließlich habe der ecuadorianische Vorsitzende in seinem inzwischen vorgelegten zweiten Entwurf zahlreiche Änderungswünsche aufgenommen.

Er enthält keine direkten Verpflichtungen mehr für Unternehmen, sondern nur noch für Staaten. Und er signalisiert Flexibilität bei Strafen und Sanktionen. Von einem Internationalen Gerichtshof ist keine Rede mehr.
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.... aus den Lerser*innen-Debatten:

Meiner Meinung nach einer der Gründe für den Rechtsruck und wachsenden Zulauf der AfD ist die unverändert schlechte Behandlung des sog. einfachen Arbeiters (bzw. der Arbeiterin) durch die unsichere Situation in Zeitarbeit.
Wenn in Produktionsstätten der Großteil der Angestellten in Zeitarbeit tätig sind und somit von einem auf den nächsten Tag "gekündigt" werden können, führt das in Verbindung mit der Schwemme an größtenteils schlecht deutsch verstehender Zuwanderer, zu einem Gefühl der Benachteiligung bzw. Ignoranz durch die Politik.............

...... Die geplanten Neuerungen wären alleine schon im Sinne einer (zumindest ansatzweisen) Regulierung der weltweiten Migrationsströme dringend nötig. Wenn die deutsche Politik sie trotzdem nicht unterstützt, dann weil sie vor den Chefs der großen deutschen Unternehmen noch immer viel mehr Angst hat, als vor AfD und Pegida zusammen.
Deutsche Konzerne profitieren von miesen Arbeitsbedingungen in „Entwicklungs-Ländern“ gleich dreifach. Erstens dadurch, dass sie konkurrenzlos billig produzieren lassen können, wenn sie weder Sozial- noch Umwelt-Standards einhalten müssen. Sie können, zweitens ihr größeres (in Europa geerntetes) Know-how voll ausspielen den einheimischen Betriebe gegenüber. Außerdem können sie deutsche Beschäftigte und damit „die Politik“, die sich ja wählen lassen will, erpressen.
Würden international einheitliche Standards gelten, hätten große deutsche Unternehmen vielleicht bald viel weniger Macht als heute noch. Ihre Bereitschaft zu Unmenschlichkeit würde schlicht nicht mehr so sehr honoriert. Sie müssten statt dessen wieder mit Qualität punkten. Davor haben sie offenbar große Angst. Sparen soll ja schließlich Trumpf bleiben in Deutschland.
Müssten im Ausland die selben Standards eingehalten werden wie in Deutschland, würde der Standort Deutschland wieder attraktiver. Die im Schnitt schlechtere Ausbildung der Arbeiter in Billiglohn-Ländern, die schwächere Logistik dieser Staaten u.ä. Nachteile würden dann mehr ins Gewicht fallen. Deutsche Unternehmen könnten deutschen Gewerkschaften und Politikern gegenüber nicht mehr so leicht damit drohen, die Produktion ins Ausland zu verlagern.
Für deutsche Politiker gibt es eigentlich nur einen einzigen Haken: Sie könnten sich womöglich künftig nicht mehr als Vertreter einer Wirtschafts-Weltmeister-Nation hofieren lassen und würden auf Normalmaß geschrumpft. Offenbar keine besonders rosigen Aussichten...