Über den Tag hinaus

Zusammen ist es besser als allein: Es gibt mehr Aktionen und Gruppen für den Frieden als man denkt

Die wehmütigen Loblieder auf die mächtige Friedensbewegung der 1980er Jahre und die Abgesänge auf die Gegenwart täuschen leicht darüber hinweg: Man muss nicht auf die eine Großdemo warten, um sich friedenspolitisch zu engagieren. Es gibt weit mehr Möglichkeiten als viele denken. Im Veranstaltungskalender des Netzwerks Friedenskooperative finden sich allein für den Monat Oktober mehr als 120 Veranstaltungen in der gesamten Bundesrepublik, von Mahnwachen über Vorträge, Ausstellungen oder regionale Demonstrationen: Da spricht in Köln der Friedensaktivist Andreas Zumach über »Deutschlands (Irr)weg in die Verantwortung von der Wiedervereinigung bis zur Kriegstüchtigkeit«, in Nordrhein-Westfalen wird am Fliegerhorst Nörvenich gegen Atomwaffen demonstriert, jeden Mittwoch fordern Menschen in Dortmund mit Transparenten und Schildern in der Innenstadt »Deeskalieren! Die Waffen nieder! Verhandeln!«, in Halle dreht sich ein Fachgespräch um kommunale Friedensarbeit in Zeiten von Krieg, Krisen, Rechtsruck und in Frankfurt (Oder) diskutiert ein Podium über »Deutsche Außenpolitik in Nahost zwischen Völkerrecht und Staatsräson«.

Altes Netz mit größeren Maschen

Darüber berichtet nicht die »Tagesschau«, aber die Vielzahl der Veranstaltungen verweist darauf, dass es überall in der Republik Gruppen, Organisationen und Bündnisse gibt, die Alternativen zum Krieg stark machen. »Sie bilden die Basis, ohne die weder kleinere noch größere Mobilisierungen denkbar wären«, sagt Kristian Golla, Geschäftsführer vom Netzwerk Friedenskooperative.

Was die Geschichte lehrt: Es reicht nicht, nach der großen Demo zu rufen, man muss selbst etwas tun.

Die Organisation mit Sitz in Bonn ist Nachfolgerin der zentralen bundesweiten Organisation, die in den 80er Jahren die Großdemonstrationen gegen die Aufrüstung von Nato und Warschauer Pakt ausgerichtet hat. Sie bezeichnet sich heute als Service- und Informationsbüro für die Bewegung, vermittelt Referent*innen, gibt sechs Mal im Jahr die Zeitschrift »Friedensforum« heraus, koordiniert, unterstützt und organisiert Aktionen sowie Kampagnen, aktuell zum Beispiel gegen die Rekrutierung von Minderjährigen für die Bundeswehr. Gerade erst ließ die Friedenskooperative an vier aufeinanderfolgenden Samstagen im September Flugzeugbanner über deutschen Großstädten fliegen, mit dem Schriftzug: Ukraine-Krieg stoppen! frieden-verhandeln.de. Darüber hinaus werde innerhalb der Friedensbewegung derzeit »intensiv an einer neuen Kampagne gegen Mittelstreckenwaffenwaffen gearbeitet«, so Golla.

»Eine Großdemo braucht Vorlauf. Der 10. Oktober 1981 hatte zwei Jahre Vorbereitungszeit«, erinnert Golla an die erste große Demonstration der westdeutschen Friedensbewegung gegen nukleare Aufrüstung im Bonner Hofgarten mit 300 000 Menschen. Was die Geschichte auch lehrt: Es reicht nicht, nach der großen Demo zu rufen, man muss selbst etwas tun. Damals entstand ein dichtes Netz an Gruppen, es hat heute deutlich größere Maschen, aber es existiert noch.

Was nicht ist, kann ja noch werden

Allein auf der Website des Netzwerks Friedenskooperative lassen sich mehr als 250 Friedensgruppen finden. Bundesweite Organisationen mit lokalen Gliederungen wie die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) – die älteste aktive deutsche Friedensorganisation –, konfessionelle Friedensorganisationen wie Pax Christi, antifaschistische wie die VVN-BdA, berufsständische Organisationen, etwa Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), Zusammenschlüsse von Naturwissenschaftler*innen (Natwiss-Initiative) oder Jurist*innen (Ialana), von Frauen (Frauennetzwerk für Frieden) oder Gewerkschaftern. So gibt es bei Verdi das bundesweite »Netzwerk Frieden«, in München mobilisieren die lokalen Gliederungen von GEW und Verdi gerade gemeinsam zu einer Demonstration »Soziales rauf – Rüstung runter« – gegen Sozialabbau und Hochrüstung. Darüber hinaus und quer dazu finden sich Menschen auch um einzelne Thema herum zusammen, wie in der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), die 2017 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Einige Angebote richten sich speziell an Jüngere, zum Beispiel das Jugendnetzwerk der DFG-VK oder das Projekt »Peace for Future« der Kampagne »Sicherheit neu denken«. Und nicht zuletzt gibt es noch dutzende lokale Gruppen, ob in Suhl, Frankfurt/Oder, Düren oder Bremen, die wahlweise Friedensinitiative, Friedenskreis oder Friedensnetz heißen. Viele Möglichkeiten also, wo man anklopfen kann, um Gleichgesinnte zu treffen und wenn man über den Tag hinaus etwas tun will für eine friedliche Welt.

Und was es nicht gibt, kann ja noch werden. Die Friedenskooperative unterstützt bei Gründung und Aufbau einer Friedensini und hat dafür auch einen Leitfaden entwickelt: »Erfolgreich als Friedensgruppe arbeiten. Von der Neugründung bis zur ersten Demo«. Checkliste erster Schritt: Eine*n oder mehrere voll motivierte »Friedensverrückte« finden.

www.friedenskooperative.de

Streit um den Frieden

Die Antikriegsdemo am 3. Oktober in Berlin wird von vielen Verbänden und der Linken unterstützt. Doch wichtige Organisationen gehen auf Distanz.

Soweit der Sternmarsch mit mehreren Kundgebungen, zu dem die Initiative »Nie wieder Krieg – die Waffen nieder« für den 3. Oktober nach Berlin mobilisiert, überhaupt in klassischen und »sozialen« Medien vorkommt, gibt es Stempel. Grundsätzlich wird das Wort Friedensdemo in Anführungszeichen gesetzt, die Veranstaltung wird als eine von »Putin-Knechten« tituliert. Der Grund: Im Veranstalteraufruf der Demo werden Verhandlungen und das Ende aller Waffenlieferungen an die Ukraine wie auch an Israel wegen seiner Kriegführung im Gazastreifen gefordert.

Ignoriert wird bei solcher Kritik, dass die Zahl derer, die die Demo unterstützen, wie auch die Zahl der Aufrufe mit eigenen Positionierungen groß, das politische Spektrum der Gruppen, die zur Teilnahme aufrufen, so breit wie jenes der Redner ist. Mancher nimmt diese Breite wiederum als Beleg dafür, dass es sich um eine »Querfront«-Veranstaltung handelt. Also um eine, die »nach rechts offen« ist. So sieht es jedenfalls Toni Schmitz, Sprecherin des Berliner Verbandes der altehrwürdigen Antikriegsorganisation Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK).

Da beginnt wohl das Problem für das zehnköpfige Organisatorenteam: In den Chor derer, die sich zum Teil lautstark von der Veranstaltung distanzieren, stimmen mit der DFG-VK wichtige linke und Friedensorganisationen ein: die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) und das globalisierungskritische Netzwerk Attac. Gleichzeitig mobilisieren aber einzelne Landesverbände und etliche Regionalgruppen der drei Organisationen zur Demo.

Der DFG-VK-Bundesverband distanzierte sich schon Ende August in einer ausführlichen Erklärung von den Veranstaltern und ihrem Aufruf, die Berliner DFG-VK ruft sogar zu einer Gegenaktion auf. Sie will vor der russischen Botschaft in Berlin mit »Leichensäcken« gegen das Verheizen Hunderttausender im Krieg gegen die Ukraine durch die russische Regierung protestieren.

Es spricht einiges dafür, gemeinsam gegen die wachsende Gefahr einer Ausweitung der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine wie auch im Gazastreifen, im Libanon und Israel auf das Zentrum Europas wie auch auf den Jemen und den Iran auf die Straße zu gehen. Und – das ist ein wesentliches Argument von Ralf Stegner – die Friedensfrage nicht Rechten und »Populisten« zu überlassen. Zu letzteren zählt der SPD-Bundestagsabgeordnete auch Sahra Wagenknecht, die wie er auf der Demo eine Rede halten will.

Das machte er am Donnerstag auch auf einer Pressekonferenz der Initiatoren der Demo deutlich. Stegner betonte auch, er sei kein Pazifist und für die Versorgung der Ukraine mit wirksamen Defensivwaffen. Er ist aber auch überzeugt, dass ein möglichst schnelles Ende von Tod, Traumatisierung, Verwundung und Zerstörung in der Ukraine nur mit mehr diplomatischen Initiativen auch Deutschlands möglich ist. Zugleich verwahrt sich Stegner immer wieder gegen den Vorwurf, er trete auf einer Veranstaltung des BSW auf, der Partei von Sahra Wagenknecht. Sie sei nur eine Rednerin, und die Veranstalter hätten sich klar gegen die Teilnahme von Rassisten, Rechten und Antisemiten verwahrt.

Für Michael Schulze von Glaßer, politischer Geschäftsführer der DFG-VK, ist die Distanzierung zumindest gegenüber Gruppierungen wie dem BSW und rechten Kräften nicht glaubwürdig. Er moniert wie Stephan Lindner von der Attac-Pressestelle, dass die Initiatoren der Demo eine Debatte über den Text des Aufrufs letztlich gar nicht zugelassen, sondern auf ihrem eigenen bestanden hätten.

Schulze zu Glaßer wie auch Lindner kritisieren, dass im Aufruf »an keiner Stelle erwähnt wird, wer den Krieg in der Ukraine begonnen hat«, so Lindner. Außerdem habe die Nie-wieder-Krieg-Gruppe sich geweigert, die Forderung nach »Schutz und Asyl für alle Menschen, die dem Krieg entfliehen wollen, insbesondere für Kriegsdienstverweiger*innen und Deserteur*innen aus Russland, Belarus und der Ukraine« in den Aufruf aufzunehmen. Das sei ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Aufruf auf Leute aus dem Wagenknecht-Lager und aus konservativen Kreisen zugeschnitten sei, meint Schulze zu Glaßer. Das BSW positioniert sich mittlerweile generell vehement gegen die Aufnahme Geflüchteter.

Innerhalb von DFG-VK wie auch Attac gibt es heftige interne Auseinandersetzungen darüber, mit wem man zusammen für Frieden demonstrieren darf und mit wem nicht. Das ist nicht erst seit dem Ukraine-Krieg so, sondern begann bereits im Zusammenhang mit der Coronakrise und sogar schon mit den Debatten um teils von Rechten vereinnahmte »Friedenswinter«-Demonstrationen im Jahr 2014. Seitdem gibt es auch Austritte und faktische Ausschlüsse. Wenige Tage vor der Demo haben Attac, DFG-VK und VVN auch eine Broschüre über »Versuche rechter und verschwörungsideologischer Einflussnahme auf die Friedensbewegung« veröffentlicht. Die Darstellungen des Autors Lucius Teidelbaum machen die Schwierigkeit deutlich, einerseits aktions- und bündnisfähig zu bleiben und sich andererseits von den »richtigen« Leuten abzugrenzen.

Die erste Handlungsempfehlung darin lautet: »Grundkonsens Antifaschismus«. Dies beinhaltet laut Teidelbaum eine »nachhaltige Distanzierung von Anhänger*innen von Verschwörungserzählungen, von allen Spielarten der extremen Rechten und ihrer Türöffner*innen«. Dem Anspruch müsse »eine konkrete Praxis folgen«. Wie die dann aussehen kann, lässt der Autor offen, und auch Michael Schulze von Glaßer hat keine ganz klare Antwort darauf.

Als die DFG-VK als Teil des Bündnisses »Stoppt das Töten!« Ende 2022 zu einer Friedensdemo mobilisierte, hieß es im Aufruf dazu, für »Menschen aus dem nationalistischen und antidemokratischen Spektrum«, für Rassisten, Antisemiten und Sexisten sei dort ebenso »kein Platz« wie für Personen und Gruppen, die »wissenschaftsfeindlich« seien und »Verschwörungsmythen anhängen«. Solche sehr weitgehenden Ausschlüsse, so Schulze zu Glaßer im Gespräch mit »nd«, seien natürlich innerhalb des Verbandes kontrovers diskutiert worden. In späteren Demo-Aufrufen seien sie auch bereits wider viel weniger umfassend gewesen.

»Im Demo-Aufruf wird an keiner Stelle erwähnt, wer den Krieg in der Ukraine begonnen hat.«

Michael Schulze von Glaßer Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinte KriegsdienstgegnerInnen

Friedensaktivismus bleibt mithin eine Gratwanderung zwischen Forderungen, bei denen sich alle einig sind – aktuell dürfte das zumindest die Mobilisierung gegen die nur zwischen Kanzler Olaf Scholz und der US-Regierung vereinbarte Stationierung weitreichender Marschflugkörper in Deutschland sein – und jenen, bei denen es Differenzen gibt. Bei einigen Gruppen scheint das Bedürfnis nach Abgrenzung und einem »Sauber bleiben« größer zu sein als jenes, in wichtigen Fragen breite Bündnisse zu schmieden.

Toni Schmitz glaubt zwar schon, dass man Bündnispartner braucht. Doch manche Dinge stören sie und andere in der DFG-VK zu sehr, als dass sie noch eine Möglichkeit der Kooperation mit der »klassischen« Friedensbewegung sieht. Zum Beispiel liefere die »bisher so gut wie keine Ideen, wie gewaltfrei Druck auf Russland zur Beendigung des Krieges ausgeübt werden kann«. Aktionen wie jene der Anti-Atomkraft-Initiative »ausgestrahlt« gegen den russischen Konzern Rosatom, Proteste gegen andere Unternehmen mit russischer Beteiligung würden von der Friedensbewegung bislang »nicht beachtet«. »Gewaltfreie Druckmittel gegen die russische Regierung sind für uns aber die Voraussetzung, um auch seriös den Stopp von Waffenlieferungen an die Ukraine fordern zu können«, betont die Berliner DFG-VK-Sprecherin.

Stephan Lindner stört auch, dass auf der Berliner Demo zwei Frauen auf der Abschlusskundgebung sprechen werden, die sich aus seiner Sicht »nicht von der Terrororganisation Hamas« distanziert haben. Gemeint sind die Jüdin und Israelin Iris Hefets von der »Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost« und die deutsch-palästinensische Juristin Nadija Samour. Als Beleg für die fehlende Distanz zur Hamas bei beiden sieht Lindner ihre beabsichtigte Teilnahme am von der Polizei vor Beginn aufgelösten »Palästinakongress« Mitte April in Berlin, bei dem auch »Hamas-Sympathisanten« hätten auftreten sollen.

Während Attac und die VVN sich nicht offiziell zu der Demonstration erklärt haben, lieferte die DFG-VK wiederum eine ausführliche Erklärung mit sachlich formulierter Kritik, die dem Demo-Orga-Team vielleicht doch die eine oder andere Überlegung wert sein müsste. Zumindest, was demokratische und offene Debatten über Aufrufe betrifft, die fundierte Positionen linker Antimilitaristen betrifft. Trotz Skepsis nach Erfahrungen mit vorangegangenen Demonstrationen sei man »für die neue Demonstrationsplanung offen« gewesen, schreibt die DFG-VK-Spitze. Notwendig sei gemeinsames Agieren allemal, denn: »Die Aufrüstung in Europa schreitet gefährlich voran, und die sicherheitspolitische Lage spitzt sich immer weiter zu.« Allerdings habe sich schnell gezeigt, dass »eine inhaltliche Mitwirkung« nicht gewünscht gewesen sei. Der Aufruf sei von »Nie wieder Krieg« sehr schnell und ohne weitere Debatten veröffentlicht worden.

Zur Demo werde man die Mitglieder der DFG-VK nicht mobilisieren, weil sie trotz Möglichkeit zu eigenem Aufruf »später doch als Gesamtmasse unter dem mangelhaften Hauptaufruf subsumiert werden« würden.

Selenskij sucht Fans

UN-Generaldebatte im Zeichen des Krieges: Kiews »Siegesplan« floppt, breite Kritik an Netanjahus Eskalationskurs

Jörg Kronauer

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hat während seines Besuchs in den USA anlässlich der diesjährigen UN-Generaldebatte weitere Unterstützungszusagen im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar eingesammelt. US-Präsident Joseph Biden, mit dem Selenskij am Donnerstag abend im Weißen Haus zusammentraf, versprach »Militärhilfe« für rund 2,4 Milliarden US-Dollar, darunter ein »Patriot«-Flugabwehrsystem, Gleitbomben und Drohnen. Allerdings handelt es sich dabei nicht um neue Mittel, sondern um Gelder, die bereits zuvor prinzipiell genehmigt worden waren. Sie wurden von Biden nun konkret freigegeben. Der scheidende US-Präsident sagte zudem zu, weitere bereits genehmigte Mittel – 5,5 Milliarden US-Dollar – nicht verfallen zu lassen, sondern sie bis zum Ende seiner Amtszeit abzurufen. Am Mittwoch abend hatte zudem ein Sprecher der Bundesregierung am Rande der Generaldebatte mitgeteilt, Berlin werde zusätzlich 170 Millionen Euro bereitstellen, um die ukrainische Energieversorgung wiederherzustellen.

Keinen Erfolg hatte Selenskij mit seinem angeblichen »Siegesplan«, den er Biden vorlegen wollte. Ein US-Regierungsmitarbeiter hatte sich bereits vorab mit der Aussage zitieren lassen, er sei von dem Plan »nicht beeindruckt«: Dieser umfasse nur altbekannte Forderungen nach mehr Waffen und mehr Geld. Die gleichfalls in dem »Siegesplan« enthaltene Forderung, weitreichende Raketen aus westlicher Produktion auf Ziele in Russland abfeuern zu dürfen, blieb ebenso unerfüllt; die US-Position dazu habe sich nicht geändert, bestätigte Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre. Für Freitag (Ortszeit) war noch ein Treffen von Selenskij mit Donald Trump geplant.

Dabei wird Selenskij sein ohnehin frostiges Verhältnis zu Trump mit einem Interview, das am vergangenen Sonntag im New Yorker erschien, nicht verbessert haben. In dem Interview hatte er Trumps Vizepräsidentschaftskandidaten James David ­Vance als »zu radikal« beschimpft und belehrt, er solle sich »in die Geschichte des Zweiten Weltkriegs einlesen«. Trump revanchierte sich, indem er am Mittwoch festhielt, Washington zahle »Milliarden von Dollar an einen Mann, der sich weigert, einen Deal einzugehen«. Dabei wäre, fuhr Trump fort, »jeder Deal besser gewesen als das, was wir jetzt haben«. Nun sei die Ukraine wohl irreparabel zerstört.

Vor dem für Freitag angekündigten und von Protesten begleiteten Auftritt des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in der Generaldebatte war in New York breite Kritik an der israelischen Kriegspolitik laut geworden. Mahmud Abbas, Präsident der Palästinensischen Nationalbehörde, hatte am Donnerstag verlangt, das Töten im Gazastreifen und im Westjordanland müsse umgehend aufhören: »Stoppt dieses Verbrechen. Stoppt Waffenlieferungen an Israel.« Guyanas Präsident Mohamed Irfaan Ali hatte am Mittwoch erklärt, »das Recht auf Selbstverteidigung« werde »als Massenvernichtungswaffe« instrumentalisiert. Lasse man Israel straflos davonkommen, dann könne sich künftig »kein Staat mehr sicher fühlen«.

Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) nutzte ihren Auftritt in der Generaldebatte am Donnerstag abend, um erneut die Waffenlieferungen an die Ukraine zu rechtfertigen. Zudem teilte sie mit, Deutschland werde für einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat in den Jahren 2027 und 2028 kandidieren.  https://www.jungewelt.de/artikel/484657.ukraine-und-nahost-selenskij-sucht-fans.html