Prognostizierte Extreme für verschiedene Grade der globalen Erwärmung aus dem IPCC-Bericht. Bild: RCraig09, CC BY-SA 4.0

Zum ersten Teil des CMIP6-Reports des Weltklimarates

Überall auf der Welt forschen Wissenschaftler zu Fragen des Klimas. Um die vielen verschiedenen Versionen der entwickelten Klimamodelle besser vergleichen zu können und die Forschungsbemühungen aufeinander abzustimmen, wurde Mitte der 1990er-Jahre vom Weltklimaforschungsprogramm (WCRP) das internationale Coupled Model Intercomparison Project (CMIP) ins Leben gerufen.

Die CMIP-Modelle wurden im Verlauf der letzten fast 30 Jahre mit zunehmender Komplexität und Qualität - also Genauigkeit - entwickelt. So wurde in den letzten Jahren die sechste Modellklasse (CMIP6) mit dem Bericht AR6 [1] mit größter Spannung erwartet, wobei aber schon viel davon vorab publiziert worden war.

Die Publikation des Berichtes am 9. August traf medial auf großes Echo. Es folgt noch eine zweite Publikation.

Einige Zusammenhänge, etwa die globale Wolkenbildung und die Wechselwirkung der Atmosphäre mit den Ozeanen, hatten sich lange nur unzureichend berechnen lassen.

Immer wieder zeigten sich darin neue Rückkopplungen, deren Auswirkungen nun, mit AR6, etwas besser verstanden sind - wenn auch immer noch nicht perfekt.

Mit der globalen Erwärmung und dem Abschmelzen von Eis ändert sich unter anderem der Salzwassergehalt in den Meeren. Diese Änderung beeinflusst die Meeresströmungen.

Doch wie sich dieser Effekt genau berechnen lässt und welche weiteren Temperatureffekte dies auslöst, weiß man zwar jetzt etwas besser, aber eben immer noch nicht sehr genau.


Ehrgeizige Modellgenauigkeit

Die Klimamodelle der CMIP6-Serie haben sich dieser Probleme weitaus intensiver gewidmet, doch zukünftige CMIP-Serien werden sich ihnen noch detaillierter und weiteren offenen Probleme annehmen müssen.

Die CMIP6-Modelle sind in ihrem Anspruch an die Modellgenauigkeit noch einmal wesentlich ehrgeiziger als ihre Vorgänger-Modelle. Zum Beispiel wurde in einigen von ihnen die räumliche Auflösung der Gitter, auf denen das globale Klima modelliert wird, auf unter 100 Kilometer gebracht.

Damit lassen sich die Effekte der Wolkenbildung auf das lokale und globale Klima besser erfassen. Zugleich steigt die zeitliche Dichte der Messungen deutlich an.

"Dieser Bericht ist unschätzbar für die künftigen Klimaverhandlungen und politischen Entscheidungsträger», sagte der Präsident des IPCC, der Süd-Koreaner Hoesung Lee.

Etwas dramatischer drückte es Erich Fischer, Klimaforscher an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und einer der leitenden IPCC-Autoren, aus:

    Der Klimazustand hat sich rasch weiterverändert, und das Zeitfenster, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, geht allmählich zu.

Was bezeichnend für den Bericht ist, dass sich im Vergleich zu den Verhandlungen über die AR5-Publikation vor fast acht Jahren die Debatten offensichtlich viel reibungsloser verliefen.

Die IPCC-Autorenschaft setzte sich diesmal wohl klar gegen den bisher immer stattgefundenen Widerstand aus der Politik gegen klare Formulierungen durch. Zudem wurde die Wissenschaftlichkeit des Berichts nicht mehr angezweifelt.

So wird nun auch die Verantwortlichkeit klar dargestellt: Der Mensch ist gemäß IPCC klar und deutlich für die gesamte beobachtete Erderwärmung seit der vorindustriellen Zeit verantwortlich: 1,6 Grad auf dem Land, 0,9 Grad über dem Meer, 1,1 Grad im globalen Mittel.

Ihr Ergebnis fällt insgesamt erschütternd aus als von den meisten Menschen erwartet.

So könnte der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau, die ja gemäß dem Pariser Abkommen möglichst nicht überschritten werden sollte, bereits früher erreicht werden, als bisher angenommen. Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit wird sie bereits in den frühen Dreißigerjahren erreicht sein, wenn der Ausstoß von Treibhausgasen nicht drastisch reduziert wird.

1,5 Grad Erwärmung könnten schon 2040 erreicht sein

Im IPCC-Sonderbericht von 2018 [2] lag die Schätzung, wann die 1,5 Grad erreicht unter diesen Bedingungen wird, zwischen 2030 und 2052.

Heute liegt die Schätzung des allerspätestens Zeitpunkts bei 2040. Die Weltgemeinschaft wird damit wohl die Pariser Ziele krachend verfehlen, wenn der Treibhausgasausstieg nicht schneller und drastischer sinkt, so die Aussage des Berichtes.

Die Veröffentlichung des Berichtes fiel just in die katastrophalen Wochen mit Überschwemmung in Deutschland und der Schweiz, extreme Hitze in Kanada und dem Nordwesten der USA, Hitzerekorde in Nord- und Südeuropa, massive Feuer in der Türkei, und starke Überflutungen in China.

All dies – und insbesondere die Gleichzeitigkeit all dieser Ereignisse – wäre ohne die Hitzerekorde nicht möglich gewesen, so der Konsens der Klimaforscher.

In ausnahmslos allen Erdteilen werden extrem heiße Tage deutlich zunehmen. Zugleich wird es wahrscheinlicher, dass Hitzewellen und Dürren oder Starkregen und Stürme gleichzeitig auftreten.

Klar ist für die Klimaforscher auch, dass wir die kritische Zwei-Grad-Grenze höchstwahrscheinlich überschreiten, wenn wir die Treibhausgasemission nicht vor der Mitte des Jahrhunderts auf Null oder nahe Null senken.

Dies erscheint vielen als eine zu polemische Aussage. Aber in den Wissenschaften ist es eben nicht erlaubt, die Welt so zu sehen, wie sie die Politiker, Ökonomen und viele andere gerne hätten.

Vielmehr zeigen uns Wissenschaftler, wie sie wirklich ist. Und es ist wahrlich historisch bei Weitem nicht das erste Mal, dass sie damit auf öffentlichen Widerstand stoßen.

Lars Jaeger (geboren 1969 in Heidelberg, Deutschland) ist ein schweizerisch-deutschen Unternehmer, Wissenschaftler, Schriftsteller, Finanztheoretiker, alternativer Investmentmanager [3]. Er studierte Physik und Philosophie an der Universität Bonn in Deutschland und der ÉcolePolytechnique in Paris und hält einen Doktortitel in theoretischer Physikm welchen er in Studien am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme in Dresden erwarb, wo er auch Post-Doc-Studien unternahm.