Die Leerstelle verankern ist ein Projekt der Theaterwerkstatt Pilkentafel. Vom 16. Juni bis 7. Juli liegt sie im Flensburger Hafen.

Die Geschichte der Grenz-, Hafen- und Rumstadt Flensburg ist geprägt von ihrer Kolonialgeschichte, vom Handel mit Zucker und Rum im 17. – 19. Jahrhundert. In dieser Zeit wurde die Stadt reich, aus dieser Zeit stammen die das Stadtbild prägenden Bauten, auf diese Geschichte bezieht sich die Stadt in ihrem Tourismuskonzept. Die tüchtigen Kaufleute, mutigen Seefahrer, Rumproduzenten treten darin als Helden auf.

Die andere Seite bleibt unsichtbar: Was geschah auf den dänisch-westindischen Inseln? Wie lebten die Menschen da? Wie waren sie dahin gekommen? Wie haben sie sich gewehrt und befreit? Was hat ihnen die Befreiung von der Sklaverei, die sogenannte Emanzipation 1848 gebracht? Wie konnten die Inseln 1917 an die USA verkauft werden? Wurden die Menschen mit verkauft? Wie ist heute die Situation auf den US Virgins Islands?

Alle diese Fragen tauchen im Narrativ der tüchtigen Kaufleute nicht auf. Sie waren ja nicht direkt am Sklavenhandel beteiligt – der atlantische Dreieckshandel war Kopenhagen vorbehalten. Sie handelten ja „nur“ mit den Produkten, die aus der Arbeit der versklavten Menschen entstanden.

Die Geschichte der dänisch-westindischen Inseln ist Teil unserer Geschichte, unser Reichtum ist das Produkt der Arbeit deren Bewohner. Sie haben keine Bauten hinterlassen, kaum Bilder und Dokumente, ihre Geschichte ist damals nicht erzählt worden – und wird es bis heute nicht. Sie ist die Leerstelle.

Wir können diese Leerstelle nicht füllen, sondern mit ihr leben. Wenn wir jetzt stellvertretend ihre Geschichte erzählen, machen wir sie noch einmal zu Objekten. Im Bewusstsein dieser Verstrickung (sollen wir es Schuld nennen?) verankern wir in Flensburg die Leerstelle, halten einen Platz frei, an dem die Geschichte dieser Menschen erzählt werden könnte – sollte. Wir fordern die Stadt auf, ein Denkmal für die Opfer der Flensburger Kolonialgeschichte zu errichten. Link zur Petition

Die Ausstellung von Imani Tafari Ama 2017/18 war ein erster, ein wichtiger Schritt, der afrokaribischen Perspektive Raum zu geben. Aber damit ist die Leerstelle noch lange nicht gefüllt. Also ist diese Internet-Seite gleichzeitig eine Leerstelle und ein Vernetzungspunkt – interaktiv und dynamisch.

Wir versammeln hier im Bewusstsein der eigenen Unzulänglichkeit und Unvollständigkeit Texte, Informationen, Bilder, Gedanken, die die Leerstelle eher umkreisen, als sie ausfüllen. Bitte fühlen Sie sich eingeladen zu kommentieren, aber vor allem auch eigene Beiträge einzusenden und Lücken zu füllen, nicht zu beklagen.

Lesen Sie selbst:

http://die-leerstelle-verankern.de

.... und unterzeichnen Sie die Petition.