Protokoll

Um 19.32 Uhr eröffnete Günter Strempel* die Sitzung zur Gründung einer Attac-Regionalgruppe Flensburg, zu der die Mitglieder vom “Initiativkreis Flensburg” ins Aktivitetshuset in der Norderstraße (Akti) eingeladen hatten. Er erhielt die erbetene Zustmmung zur weiteren Versammlungsführung. Des weiteren wurden Gerd Schroeder fürs Protokoll und später Gert Grossmann als Kassenführer bestimmt – ganz ohne Formalitäten geht es eben nicht.

Marlies Clausen-Grossmann schilderte die bisherigen Aktivitäten des Initiativkreises, der sich ursprünglich als „Stopp-TTIP-Flensburg“ gegründet hatte, um auch in Flensburg den Widerstand gegen das geplante Handelsabkommen zwischen der EU und den USA deutlich sichtbar zu machen. Neben der Teilnahme an Demonstrationen gegen TTIP und CETA stand dabei die kritische Auseinandersetzung mit den sogenannten „Freihandelsverträgen“ im Mittelpunkt. Filme und Vorträge zu diesem Themenbereich wurden organisiert. 2017 gab sich die Gruppe einen neuen Namen, aus „Stopp-TTIP-Flensburg“ wurde der „Initiativkreis Flensburg – Eine andere Welt ist möglich“. Das Themenspektrum wurde breiter: EU-Krise, Wachstumskritik (DeGrowth), Imperiale Lebensweise und solidarische Alternativen. Es gab gemeinsame Lektüren sowie Teilnahmen an Vorträgen und Workshops.

Die Treffen fanden anfangs im Bürger Café/ Kulturhof und später in der Carl-von-Ossietzky-Buchhandlung statt. Grundsatz: Erst schlau machen – dann Aktionen...

Günter Strempel erläuterte Basisinformationen zum Attac Netzwerk sowie zu regionalen Attac-Gruppen. In Frankreich 1998 ursprünglich zur Einführung einer “Tobin-Tax”, der Steuer zur Einschränkung des überbordenden Derivatehandels, gegründet wandte sich Attac bald auch anderen Globalisierungsthemen zu.

In einer Vorstellungsrunde der etwas mehr als 30 Teilnehmer*innen zeigte sich, daß auch Interessen*tinnen aus dem Flensburger Umland gekommen waren. Auch Parteien, Gewerkschaften und Mehr Demokratie waren vertreten. Es wurden verschiedene Interessen und Themenwünsche angesprochen.

Jochen Rathjen, Gründungsmitglied von attac-Neumüster schilderte Erfahrungen und Themen der Regionalgruppe Neumünster. Die Gruppe besteht erst seit zwei Jahren, hat sich aus einem sehr bescheidenen Anfang heraus entwickelt und dabei zunächst ganz bewusst ihren Schwerpunkt auf das lokale Engagement gelegt. Es gab und gibt in Neumünster verschiedene Initiativen vom Schrebergarten-Projekt über Allmende und Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) bis hin zum Versuch, einen Bürgerrat zu etablieren. Manches wurde im Alleingang initiiert, anderes in Kooperation z.B. mit Mehr Demokratie.

Für die Flensburger Attac-Gruppe wird es eingangs darum gehen, eigene Themenschwerpunkte zu finden. Im Zuge einer engagierten Diskussion wurde deutlich, dass es hierzu durchaus unterschiedliche Vorstellungen gibt.

Einerseits besteht kein Mangel an lokalen Konflikten, zu denen Attac Flensburg Stellung beziehen und bei denen wir uns ggf. auch engagieren sollten/ könnten. Genannt wurden u.a. der Bahnhofswald, der mit dem Zusammenschluss von Malteser Krankenhaus und Diako einhergehende Verzicht auf die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen, die geplante CO2-Verpressung sowie die drohende Lagerung von radioaktivem Müll in Harrislee. Weiterhin die erforderliche Umrüstung der Flensburger Stadtwerke auf erneuerbare Energien,sowie die aus ökologischer und Radfahrer/Fußgänger-Sicht katastrophale Verkehrssituation in der Stadt.

Andererseits gibt es übergreifende politische Themen wie etwa die vielfältigen Folgen der neoliberalen Globalisierung. Dazu gehören die ungebrochene Dominanz von Konzerninteressen - oft genug einhergehend mit der Missachtung elementarer Menschenrechte -, die verhängnisvolle Rolle der Handelspolitik (Handelsverträge), Wachstumsdogma und Wachstumskritik, Klimakatastrophe und… Von verschiedenen Teilnehmer*innen wurde betont, dass bei aller Aktionsbereitschaft für sie eine Attac-Gruppe Flensburg ohne eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen Fragen nicht vorstellbar erscheint.

Es wurde darauf verwiesen, dass in dem bisherigen Initiativkreis bereits mit einigem Erfolg versucht wurde, Aktion und Bildung zu vereinbaren – und dies stets in einer gesprächsoffenen Atmosphäre, in der unterschiedliche Positionen grundsätzlich respektiert werden.

Wie wird es organisatorisch weitergehen, nachdem Attac Flensburg nunmehr gegründet ist?

Als vorläufiger Ansprechpartner der Regionalgruppe Flensburg für die Bundes-Attac wurde Günter Strempel benannt. Weitere Informationen werden über Mailing-Listen versandt. Wer sich mit Mailadresse und entsprechendem Kreuzchen in die Teilnehmerliste eingetragen hat, wird über Aktivitäten von Attac Flensburg informiert. Weitergehende Infos von Attac Deutschland erhält, wer auch bei Attac D sein Kreuz gemacht hat (hiermit automatisch verbunden ist die Einwilligung in die Weitergabe der persönlichen Daten an das Frankfurter Bundesbüro).

Andere Termine: TeilnehmerInnen von der Uni machten auf die kommende Woche aufmerksam, in der an fünf Tagen vom 25. - 29.11. die „Offene Klima-Uni für alle“ stattfinden wird. Zu den rund 70 Veranstaltungen ist jede*r willkommen. Das vollständige Programm unter https://klimaschutz.campus-flensburg.de/wp-content/uploads/2019/11/Programmheft_Public_Climate_School.pdf

Das nächste Treffen unserer Gruppe findet am Dienstag, den 3. Dez. 2019 um 19:30 Uhr statt. - Ob uns wieder die tollen Räumlichkeiten im Akti zur Verfügung stehen, wird sich zeigen, da gibt es noch Klärungsbedarf. Die endgültige Info zum Veranstaltungsort wird rechtzeitig rumgeschickt.

Flensburg 20. November 2019

Gerhard Schroeder/ G. Strempel

* Eingeladen hatten ebenfalls Heike Boelk, Marlies Clausen-Grossmann, Birte Dreesen, Gert Grossmann, Bodo Hammen, Jörn Krautwurst, Morten Meisner, Inga Melzer, Henning Nielsen, Reinhard Salamonsberger, Gerd Schroeder, Dorle Thürnau - alle Mitglieder des “Initiativkreis Flensburg”.

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 Nachgedanken und Vorausblick

 

Attac Flensburg - Unser Gründungstreffen am 19.11.2019

Wer am Dienstag im Akti dabei war, wird sich in der Folge Gedanken gemacht haben, so wie ich es getan habe und noch immer tue. Grundsätzlich können wir diesen Abend gewiss als einen Erfolg ansehen, denn immerhin: Es gibt wieder ein Attac-Flensburg!!!

Dass mehr als 30 Menschen der Einladung gefolgt sind, beweist, es besteht trotz der vielen Initiativen, die derzeit in Flensburg aktiv sind, weiterhin ein starkes Interesse an Attac. Woran das liegt, wurde im Verlaufe der Diskussion deutlich. Einerseits spiegelte sich in der Zusammensetzung der Gruppe (Alter, Erfahrungshintergrund, politische Biografie, Interessenschwerpunkte) die Breite und Pluralität der Standpunkte, die in Attac vertreten sind. Andererseits war gerade die Verschiedenheit der Ansichten über die möglichen Arbeitsschwerpunkte unserer Gruppe ein lebendiger Beweis für das, was Attac im Kern ausmacht.

Es ist die Verbindung von Bildung und Aktion, das Ineinanderwirken von konzentrierter Auseinandersetzung mit politischen, wirtschaftlichen, ökologischen Themen und daraus hervorgehenden Aktionen. Fundiertes Wissen ist die Grundlage, von der her Attac Stellung bezieht und sich einmischt. Eindrucksvolles Beispiel: der aktuelle Flyer

einfach umsteigen – Klimagerechte Mobilität für alle1

ZumThema Verkehrswende sind hier alle wesentlichen Informationen zusammengefasst, es gibt weitergehende Bezüge zur sozialökologischen Transformation, zum notwendigen Strukturwandel in der Autoindustrie und nicht zu vergessen die Initiierung und Teilnahme an Aktivitäten von Critical-Mass-Fahrraddemos über Bürgerbegehren bis hin zu Aktionen des zivilen Ungehorsams.2

Auch in Flensburg haben wir wahrlich keinen Mangel an Konfliktthemen (s. Protokoll). Welchen wir als Attac Flensburg uns primär zuwenden wollen und welchen übergeordneten Themen (Welthandel und Handelsverträge, Klimapolitik, Postwachstum und Degrowth, alternative Wirtschaftsformen, …), das wird im Zuge unseres/r nächsten Treffen(s) zu diskutieren und zu entscheiden sein.

Und damit bin ich beim Vorausblick auf das Kommende. Sicher ist: Es wird spannend!!

Jede Regionalgruppe hat ihre eigenen Präferenzen und Schwerpunkte, was unsere Attac-Gäste aus Neumünster deutlich demonstriert haben. Wir stehen noch ganz am Anfang, aber jetzt kann der Prozess der Formung unserer Gruppe beginnen. Jede und jeder von uns kann und wird hoffentlich daran mitwirken!

Ich freue mich auf unser nächstes Attac-Treffen am 03. Dezember!

Günter Strempel

PS: Noch ein letzter Hinweis auf den sehr (!) nützlichen Leitfaden für Attac-Gruppen. Wer ihn letztes Mal nicht mitnehmen konnte, findet ihn auch im Internet (hier v.a. S. 9 -22).3

 

1 Im Internet unter https://www.attac.de/fileadmin/user_upload/Kampagnen/Verkehrswende/ einfach.umsteigen_Kampagnenflyer.pdf oder im Original mitzunehmen bei unserem nächstenTreffen

 2 Mindestens ebenso lesenswert der ebenfalls jüngst erschienene Flyer “https://shop.attac.de/flyer-freihandel-unter-der-lupe

 3https://www.attac.de/fileadmin/user_upload/bundesebene/Downloads/Broschueren/Attac_Gruppenbroschuere_Neuauflage2019.pdf

 

Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Gleichgesinnte!

Dieser Newsletter steht unter dem Motto: Wer nichts weiß, muss alles glauben!

Im ganzen CETA und TTIP Diskurs, der jetzt endlich Fahrt aufnimmt, wird mit Halbwahrheiten und Weglassungen debattiert, das grenzt schon an fahrlässige Unterlassung!

Ich weiß nicht, wie oft man das noch betonen muss: diese sogenannten Freihandelsabkommen,  – ein sehr gelungener semantischer Kunstgriff (!) – sind Völkerrechtsverträge und keine Handyverträge die einfach gekündigt werden können. Selbstverständlich gibt es im CETA-Vertrag eine Kündigungsklausel (Art. 30.9.2., S. 490 in der deutschen Übersetzung), doch die getätigten Investitionen wirken noch 20 Jahre (!) nach!
Ich bin juristischer Laie, doch der Urteilsspruch des Verfassungsgerichtshofs, eine einseitige Kündigung Deutschlands sei bei einer vorläufigen Anwendung nach einer Übergangszeit möglich, diesen Urteilsspruch kann ich nicht nachvollziehen. Mit anderen Worten heißt das, gebt doch der Wirtschaft ihren Vertrag und falls man nach 4 oder 5 Jahren merkt, es entwickelt sich anders als erwartet, dann kündigen wir einfach. Das wird dann nicht mehr möglich sein!
Da bin ich nicht so optimistisch wie Campact.

Darum noch einmal: CETA und TTIP sind ein supranationales Völkerrechtssubjekt und ISDS ist als deren Rechtssystem festgelegt. Damit erhalten diese "Verträge" den gleichen Status, wie die WTO, der IWF, die Weltbank oder der ESM und damit einen den Nationalstaaten übergeordneten Status, den nicht einmal GATT hat.

Also für zukünftige Diskussionen: wann immer vom Freihandelsvertrag gesprochen wird,
sofort unterbrechen und einwerfen: Das ist kein Handelsvertrag, das ist ein Völkerrechtsvertrag!

Falls Sie den Newsletter nicht möchten, schicken Sie mir bitte eine Mail.
Ich nehme dann Ihre Adresse aus dem Verteiler.

Mit den besten Grüßen Ihr
Reinhard Salamonsberger
(Bürgerinitiative "Stoppt TTIP-Flensburg")


Newsletter 9

Damit etwas Ordnung in die momentane Debatte kommt.

1) Wo ist der verfassungsrechtliche Ansatzpunkt für die Entscheidung?

http://verfassungsblog.de/endstation-karlsruhe-was-von-der-ceta-verhandlung-vor-dem-bundesverfassungsgericht-zu-erwarten-ist/

 

2) Innerstaatliche Anwendung von EU-Völkerrecht

Die Erfahrungen mit der europäischen Integration verstellen bisweilen den Blick auf die Besonderheiten des internationalen Rechts. Das Unionsrecht gilt unmittelbar im innerstaatlichen Rechtsraum und besitzt m Konfliktfall einen Anwendungsvorrang vor dem nationalen Recht.

Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Gleichgesinnte!

Ja darf er nun abstimmen oder darf er nicht, der Bundestag? Soviel Zeter, pardon CETA, wie in den vergangen 14 Tagen war noch nie! Von schnurzegal über EU-only bis „wir werden die Meinung darüber abfragen“ haben wir alles gehört. Wie schön, dass wir darüber geredet haben!
Ich werde Sie nicht langweilen mit Artikel zu und über CETA, die haben Sie alle gelesen, gehört, gesehen. Daher wird dies ein sehr kurzer Newsletter. Doch eine Überlegung möchte ich anführen: Wir sollten allmählich beginnen den Freihandelskomplex in größeren, global politischen Zusammenhängen zu denken, denn wir leben tatsächlich in einer verrückten Welt!
Verrückt im geometrischen als auch im pathologischen Sinn!

Mit den besten Grüßen Ihr
Reinhard Salamonsberger
(Bürgerinitiative "Stoppt TTIP-Flensburg")

 

Newsletter 8

 

1) Werden durch den BREXIT die TTIP-Verhandlungen verzögert?

Der Austritt der Briten aus der EU hat auf die TTIP-Verhandlungen mit den USA mehr Einfluss als sich die Verhandler wünschen. Viele EU-Beamte müssen sich jetzt um den Austritt Großbritanniens kümmern.
Sechs Antworten auf brisante Fragen.

https://correctiv.org/recherchen/ttip/blog/2016/07/01/auszeit-fuer-ttip/

 

2) CETA soll EU-Abkommen werden!
Frau Merkel will den Bundestag mit einbinden??!! Nein, nicht doch! Oder? Lesemuss!!!
http://www.flegel-g.de/2016-07-01-CETA.html

1) Wird der Lissabon-Vertrag ausgehebelt?

Mit Lissabon seien „bewusst nicht alle Außen-Kompetenzen vergemeinschaftet worden, allerdings werde diese Kompetenzteilung, bei gemischten Abkommen wieder irgendwie verwischt. Die Experten waren sich einig, dass dies ein Mitentscheidungsrecht der Mitgliedsstaaten zur Folge habe. Wie das dann im Inneren ausgestaltet werde, das sei jedem Mitgliedsstaat überlassen.
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2016/kw02-pa-recht/400432

2) Die Europäische Kommission plant Berichten zufolge, die nationalen Parlamente nicht über das Freihandelsabkommen mit Kanada abstimmen zu lassen.
http://www.zeit.de/politik/2016-06/freihandelsabkommen-eu-kommission-kanada-ceta-parlamente

1) Daseinsvorsorge? Was wird darunter verstanden? Worum geht es dabei?
Hier eine sehr gute Zusammenstellung eines sperrigen Begriffs zu einer existenziellen Thematik!
http://kommunalwiki.boell.de/index.php/Was_hat_das_TTIP_mit_den_Kommunen_zu_tun%3F


2)
TTIP und kommunale Daseinsvorsorge: Gemeinsame Pressemitteilung von BMWi, kommunalen Spitzenverbände und VKU:
http://www.bmwi.de/DE/Presse/pressemitteilungen,did=714272.html

3) Das gemeinsame Positionspapier von BMWi und den kommunalen Spitzenverbänden zur kommunalen Daseinsvorsorge und TTIP finden Sie hier:

 

http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/positionspapier-bmwi-kommunale-spitzenverbaende-ttip,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf

4) Der Deutsche Städtetag meint:
Die Marktzugangsverpflichtung könnte jedoch dazu führen, dass neben den kommunalen
auch private Unternehmen die Daseinsvorsorgeaufgaben wahrnehmen können müssen!
http://www.staedtetag.de/fachinformationen/wirtschaft/068853/

5) Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags verpasste den Gemeinde- und Stadträten zur Befassungs- und Beschlusskompetenz einen Maulkorb! Die Argumentation lesen Sie hier!
https://www.bundestag.de/blob/363092/3b88f5d39f5e7592a554d5e4ff680b13/befassungs--und-beschlusskompetenz-der-kommunalvertretungen-im-hinblick-auf-internationale-freihandelsabkommen-data.pdf


6) Die junge Wissenschaft im öffentlichen Dienst sieht das völlig anders und kommt zu dem Schluss:
Räte müssen zu Freihandelsabkommen nicht schweigen!
https://www.juwiss.de/18-2015/