Da wir morgen, am Samstag 23. April, zur Großdemo nach Hannover fahren, ist der Newsletter 3 einigen Befürwortern und Kritikern gewidmet, sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks.
Vorneweg eine Betrachtung über das Missverständnis des Begriffs „Freihandel“:
Der Handel ist selbst im Inland nicht 100% frei, und das ist gut so.
Man sollte sich in Erinnerung rufen, warum das so ist. Denn wäre er frei, wäre er frei von jeglicher Regulierung. Diese Regulierungen sind aber da, um die Menschen (Arbeiter, Verbraucher) und die Umwelt zu schützen. So erstreckt sich dieser Schutz auf viele Bereiche bei den Arbeitsbedingungen, den Produktionsbedingungen aber auch den Handelsbedingungen. Sie sorgen dafür, dass die wirtschaftlichen Prozesse weitestgehend fair ablaufen, die Verbraucher nicht betrogen oder gefährdet werden.
Die Regulierungen sind außerdem ein Ausdruck staatlicher Souveränität und demokratischer Entscheidungsprozesse.
Durch TTIP würde Deutschland und die anderen Mitglieder EU ohne Not in diesen Feldern Souveränität zu Gunsten von fremden, privaten Konzernen aufgeben.
Das ist inakzeptabel.
Freihandel hat daher nichts mit Freiheit zu tun, insbesondere nicht mit den Freiheiten der Bürger. Im Gegenteil, der Freihandel zielt letztendlich sogar auf die Abschaffung verbriefter Rechte.
Übrigens: Das Vertragskonstrukt heißt Transatlantic Trade and Investment Partnership, und nicht Transatlantic Free-Trade and Investment Partnership!
1) Eigentlich müssten die Europäer die Regeln der Globalisierung mitschreiben – anders können wir mit unserem global immer bedeutungsloser werdenden Anteil an der Weltbevölkerung nicht bestehen, argumentiert Finn Meurer.
http://www.rolandtichy.de/gastbeitrag/warum-deutschland-ttip-braucht/
2) Beim Thema TTIP sind Politikverdruss und Antiamerikanismus
fast zum Selbstzweck geworden. Der Protest ist blind für die Vorteile:
Das Handelsabkommen ist Europas Chance.
http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-04/ttip-usa-eu-antiamerikanismus-freihandelszone-campact
Immer wieder wird das Totschlagargument „Antiamerikanismus“ hervorgeholt.
Zu dieser Debatte habe ich einen Essay von Robert F. Kennedy, Jr. (Sohn von Bob Kennedy) angehängt. Jeder kann dann für sich selbst daraus seine Schlüsse ziehen.
Eine derart ehrliche und schonungslose Analyse wird man in unseren Leitmedien vergeblich suchen.
3) "Handel ist nicht automatisch gut für alle.
Freihandel schadet den Armen in den Industrieländern“, sagt der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz. Siehe USA: Dort ist der Lebensstandard und die Lebenserwartung gesunken.
Das reale Einkommen eines typischen Arbeiters ist heute niedriger als vor 60 Jahren.
Das ist ein Desaster.
http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-04/joseph-stiglitz-panama-papers-steuer-freihandel-ttip/komplettansicht
4) Donald Trump spricht aus, was viele denken.
Selbst die Republikaner glauben nicht mehr uneingeschränkt an Freihandel,
sagt die US-Globalisierungskritikerin Lori Wallach. Sie bezweifelt, dass TTIP Realität wird.
Lori Wallach spricht auf der Abschlusskundgebung in Hannover.
http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-04/ttip-kritik-usa-republikaner-donald-trump-globalisierung
5) Immer mehr Deutsche finden TTIP nicht gut.
Die Verhandlungen über das TTIP-Handelsabkommen zwischen Europa und Amerika gehen in die heiße Phase. Gerade die Deutschen halten davon nicht viel - aus mehreren Gründen.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ttip-und-freihandel/nur-wenige-deutsche-fuer-freihandeslabkommen-ttip-mit-usa-14190518.html
6) In Europa stützen sich TTIP-Befürworter und -Kritiker auf Spekulationen.
Anders in Nordamerika: Dort sind nach Abschluss des Nafta-Abkommens konkrete Erfahrungen mit den Auswirkungen von Freihandelsvereinbarungen gesammelt worden.
Und die sind alles andere als nachahmenswert.
http://www.fr-online.de/wirtschaft/us-aktivisten-gefahren-gehen-ueber-ttip-hinaus,1472780,34101346.html
7) TTIP setzt Arbeitnehmer unter Druck
Ähnlich wie das Freihandelsabkommen NAFTA, könnte TTIP Gewerkschaften unterminieren, sagt Celeste Drake. Celeste Drake ist Expertin für Handel und Globalisierung beim größten Dachverband von Gewerkschaften in den USA. Hier geht’s zum Interview:
http://derstandard.at/2000032763556/US-Handelsexpertin-TTIP-setzt-Arbeitnehmer-unter-Druck
8) Rechte von Arbeitnehmern wegen TTIP in Gefahr?
Die niedrigeren Standards, die in den Vereinigten Staaten gelten, könnten auch in Europa eingeführt werden. Es gibt zwar allgemeine Normen, die die Internationale Arbeitsorganisation ILO erarbeitet hat – doch die USA haben diese Vereinbarung nicht unterzeichnet. Die EU-Kommission hat die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation als eigenen Punkt in die TTIP-Verhandlungen aufgenommen.
http://blog.arbeit-wirtschaft.at/oeffentliche-dienstleistungen-koennen-auch-durch-konzernklagen-unter-druck-kommen/#more-13105
9) Nach Angaben der IG Metall haben die USA sechs der acht Kernarbeitsnormen bis heute nicht ratifiziert.
10) Ein wichtiges Argument der TTIP-Befürworter ist keines mehr!
Durch TTIP sollen technische Standards vereinheitlicht werden – um überflüssige Doppel-Zulassungen zu vermeiden. Aber: Über Standards und Normen entscheiden in den USA häufig gar nicht Bundesbehörden, sondern die Einzelstaaten. Europäischen Verhandlern wird zunehmend klar, dass ein zentrales Versprechen von TTIP nicht eingehalten werden kann
Das wissen die erst jetzt? Die Bürgerinitiative weiß das schon seit November2015!
In unseren Leitmedien habe ich davon noch nichts gelesen!
https://correctiv.org/recherchen/ttip/blog/2016/04/07/neuer-unmut-ueber-ttip/